Früher war alles besser

 

Nur noch 2 Jahre, dann habe ich es geschafft. Kann endlich in den Vorruhestand gehen.

Wieder einen Lebensabschnitt ohne größere Blessuren überwunden.

 

„Früher war alles besser“, sagt meine Mutter oft.

 

Wir hatten feste Arbeitszeiten, manchmal auch Überstunden oder Kurzarbeit.

Heute nimmt die Arbeit kein Ende. Wer nicht konsequent ist, kann in der Firma sein Bett aufschlagen. Oder gleich im Homeoffice durcharbeiten. 

 

Früher war alles möglich. Von der Werkstatt ins Büro.

Heute nicht mehr umsetzbar.

 

Mehr Gehalt gab es vom Chef nach Leistung. Unser Einsatz wurde belohnt.

Heute gibt es nur noch Geld nach Rolle, Einstufung oder Schulbildung. Leistung zählt nicht mehr.

 

Die einzigen Fremden waren Schüler oder Werkstudenten.

Heute gibt es unterbezahlte, unmotivierte Leiharbeiter. Fremde, die jederzeit ausgetauscht werden können.

 

Jeden Freitag gab es Würstchen oder Leberkäse. Wir saßen zusammen und sprachen über Privates.

Heute wird in den Pausen über die Arbeit gesprochen. Alle sind unzufrieden und frustriert.

 

Früher bildeten sich Freundschaften in der Firma. Wir waren eine große Familie. Jeder kannte jeden.

Heute hat keiner mehr Zeit. Jeder rennt nach Hause, um mit seiner Familie, die restlichen freien Stunden zu verbringen.

 

Beim Firmenjubiläum holte der Chef seinen Mitarbeiter mit dem Firmenwagen von zu Hause ab. Wir wurden geehrt und brauchten an diesem Tag nicht zu arbeiten.

Heute bekommt man zum 40-Jährigen einen Kugelschreiber. Gearbeitet wird ganz normal.

 

 

Ich denke, meine Mutter hat recht. „Früher war alles besser“.

(Autor: Helga Sättler 10.04.2019/Thema: Geschafft)